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Werden die Bürger steuerlich gleich behandelt?

... von Franz Fürst

Artikel 3 des Grundgesetzes sowie § 85 der Abgabenordnung (AO) schreiben vor, alle Bürger gleich zu behandeln.

Die Wirklichkeit sieht ein wenig anders aus.

Gleich behandelt werden nur ehrliche Steuerzahler im Vergleich zu anderen ehrlichen Steuerzahlern. Ihre Steuererklärungen sind – von unbeabsichtigten Irrtümern der Steuerpflichtigen abgesehen- in der Regel zutreffend. Sie werden mit der gleichen Messlatte der Steuergesetze gemessen und – von etwaigen Versehen oder Irrtümern des Finanzamtes abgesehen – zutreffend veranlagt.

Unehrliche Steuerzahler haben dagegen solange einen Vorteil, als sie nicht erwischt werden. Weil sie bewusst unzutreffende Steuererklärungen abgeben (Einnahmen und Umsätze verschweigen, Ausgaben fingieren usw.), werden ihre Steuern häufig zu niedrig festgesetzt. Wenn die Steuererklärung in sich logisch und glaubhaft erscheint und das Finanzamt keine Anhaltspunkte für einen Verdacht auf Steuerhinterziehung hat, kann das Finanzamt eine solche Ungleichbehandlung beim besten Willen nicht vermeiden.

Eine andere Frage ist die, ob es diesem Personenkreis nicht zu leicht gemacht wird.
Diese Frage ist leider eindeutig zu bejahen.

Folgende Umstände kommen den Steuerhinterziehern entgegen:

  1. Die Kompliziertheit des Steuerrechts. Je komplizierter die Steuergesetze, um so zeitintensiver ist die Bearbeitung im Finanzamt. Die Personalausstattung der Ämter berücksichtigt dies aber nicht. Nachdem die Finanzämter mit EDV ausgestattet worden waren, wurde wegen des damit verbundenen Zeitvorteils das Personal der Finanzämter gekürzt. Der Umgang mit der Finanzamts-EDV ist aber seinerseits zeitaufwendig durch Schwierigkeiten mit den Programmen, Rechnerausfälle usw.. Die noch verbleibenden Vorteile durch die EDV wiegen die Mehrarbeit durch immer komplizierte Steuergesetze nicht auf. Verantwortlich für den Missstand sind Bundestag, Bundesregierung und Länderregierungen.
  2. Der fortgesetzte weitere Personalabbau in der Finanzverwaltung. Je weniger Personal, um so weniger Zeit verbleibt für die einzelne Steuererklärung. Dies führt dazu, dass heute – im Gegensatz zu früher – die Intensivprüfung eher die Ausnahme ist. Bei einer überschlägigen (=oberflächlichen) Überprüfung der Steuererklärungen fallen aber nur die allerdümmsten Hinterzieher auf. Verantwortlich sind die Landtage und die Landesregierungen.
  3. Die Neigung in der Finanzverwaltung, nur Papiere zu prüfen anstatt die Wirklichkeit. Papier ist bekanntlich geduldig und die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Insgesamt sind die Finanzbeamten viel zu wenig vor Ort. Wegen der unnötigen Kompliziertheit des Einkommensteuerrechts der Arbeitnehmer sind ein Großteil der Finanzbeamten mit der Rückerstattung gezahlter Lohnsteuer beschäftigt. Dadurch bleibt keine Zeit für eine Erfassung der steuerpflichtigen Vorgänge in der Schattenwirtschaft. Verantwortung wie bei 1.
  4. Die große zeitliche Lücke zwischen Begehung der Steuerhinterziehung einerseits und der Überprüfung vor Ort andererseits erschwert die Sachverhaltsaufklärung. Ursache sind zum Teil gesetzliche Hürden, zum anderen Teil die Arbeitsüberlastung der Ämter. Verantwortung wie bei Nr. 1.
  5. Die Strafjustiz – von rühmlichen Ausnahmen abgesehen - hat ein mentales Problem damit, Steuerhinterzieher mit der gebotenen Härte zu verfolgen.
  6. Die gesetzlichen Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehungen sind sowohl in strafrechtlicher als auch in steuerrechtlicher Hinsicht zu kurz. Wozu diese Wohltaten in Form von zu kurzen Verjährungsfristen? Warum werden einem Steuerhinterzieher, dem es lang genug gelungen ist, nicht aufzufallen per Gesetz nachträglich die Steuern erlassen – eine Milde, die dem ehrlichen Steuerzahler niemals zuteil wird?

Wegen der zu geringen Anstrengungen, auch die in der Schattenwirtschaft erzielten Umsätze und Einkünfte zu erfassen und zu besteuern, werden zwangsläufig die ehrlichen Steuerzahler verstärkt zur Kasse gebeten.